Kindergesichter

(Nach dem Tode der Mutter)

Kindergesichter
Kindergesichter (DVD)

In Saint-Luc, einem kleinen Dorf in den hohen Schweizer Bergen, wird die Mutter des zehnjährigen Jean Amsler (Jean Forest) beerdigt. Während sich der sensible Junge immer tiefer in seine Trauer vergräbt, denkt sein Vater Pierre (Victor Vina) bereits an Wiederheirat. Pierres neue Frau, die Witwe Jeanne Dutois (Rachel Devirys), und deren Tochter Arlette (Arlette Peyran) wohnen schon bald im Haus des Vaters. Jean verhält sich schroff und ablehnend. Für seine Stiefschwester Arlette empfindet er tiefen Hass. Eines Nachts schickt er sie mit einer Lüge hinaus in den Schnee. Das Mädchen verirrt sich und kommt nicht zurück. Von Gewissensbissen geplagt, beichtet Jean dem Vater alles und sie begeben sich auf die Suche.

Mit Jean Forest, Victor Vina, Pierrette Houyez, Rachel Devirys, Arlette Peyran; Regie: Jacques Feyder

Kritiken

Laut den Solothurner Filmtagen war Visages d’enfants „das erste Meisterwerk des Schweizer Films“. Der Film hätte seinerzeit ein Novum dargestellt, denn „der ganze Film ist aus der Sicht eines zehnjährigen Buben erzählt. Der Filmmacher hat es geschafft, diesem traurigen Thema eine Botschaft der Hoffnung abzugewinnen, die auch heute noch die jungen Zuschauer anspricht.“ (Solothurner Filmtage 28. Januar 2014)

Die Schweizer Internetseite Molodezhnaja schreibt: “Das Dorf ist Dreh- und Angelpunkt des Lebens, gegen Außen ist man abgeschottet durch die Berge. Die Familie als nächstkleinere Einheit ist hier in ihren Grundfesten bedroht, weil sich das Kind nicht einordnen will. Es ist kein Akt der Rebellion, sondern einer des Herzens. Der Bub, famos gespielt vom Pariser Straßenjungen Jean Forest, den Jacques Feyder für seinen vorherigen Film "Crainquebille" entdeckt hatte, empfindet Leid und Einsamkeit. Etwas, was ihm der Vater nicht goutiert. Für ihn muss das Leben weitergehen, und man mag es ihm nicht einmal verübeln, angesichts der Umstände. Doch Feyder und seine Ehefrau Françoise Rosay, die zusammen das Drehbuch schrieben, klagen die Kälte und Härte an, die mit dieser Pflichterfüllung einhergehen. "Visages d'enfants" ist ein Manifest für mehr Menschlichkeit, auch in harten Situationen.”

James Travers führt die Szene, in der die Kinder miteinander essen und sich streiten, als Beispiel für Feyders Beobachtungsgabe an, die sich in seiner Aufmerksamkeit auch auf Kleinigkeiten zeige. Ihr Naturalismus verleihe dem Film eine eigenartige Empfindung von Zeitlosigkeit.[12] Tobias Knebe schrieb 2010 in der Süddeutschen Zeitung, das Schauspiel in Kindergesichter sei von „fast schockierender Modernität, die auf jegliche Ausrufezeichen in ihrer Performance verzichten: Erwachsene, die ihre Emotionen oft gar nicht oder nur verhalten zeigen, Kinder, die wie wirkliche Kinder lachen, zanken, schmollen und träumen und mit einer Liebe und Sicherheit inszeniert sind, die seitdem auch nicht mehr übertroffen wurde.“ Der Film habe „die Kraft, jedes Publikum zu bewegen – und zwar so, als wäre er nicht vor mehr als achtzig Jahren entstanden, sondern heute. Und genauso faszinierend sehen die Bilder aus.“[13]

Vielfach bemerkten Kritiker auch die Einbeziehung der Natur in den Film. Grégory Cavatino weist darauf hin, dass Feyder die Landschaft und die Natur als Mitspieler in seine Handlung einbettet, wie dies im schwedischen Kino durch Victor Sjöström geschah. So filmte Feyders Chéfoperateur Léonce-Henri Burel den Abgang einer Lawine spektakulär aus dem Blickwinkel der Lawine. Als Beispiel für die Einführung filmtechnischer Neuerungen nennt er die tatsächlich bei Nacht gedrehten Aufnahmen vom Zusammentreffen der Bergler auf ihrer Suche nach der kleinen Arlette mit dem Abgang der Lawine. Zu einer Zeit, da es üblich war, Nachtaufnahmen bei Tag zu filmen und dafür dann den Film grün oder blau zu färben, lässt er die Szene nur durch die Fackeln beleuchten, welche die Bergler mit sich führen. Cavatino nennt die Szene “ein Wunder und eine wahre Augenlust”, den ganzen Film “ein wertvolles und unersetzliches Kinostück, ein Kunstwerk”.[14] Tobias Knebe in der Süddeutschen Zeitung schrieb, die Bilder seien „oft von dichter, leuchtender Schönheit, doch diese Schönheit wird niemals ausgestellt. Jedem Regisseur würde man verzeihen, wenn er den Fokus kurz von seinen Darstellern und seiner Geschichte nähme, um beispielsweise einen spektakulären Gipfel in den Blick zu rücken – und fast jeder würde es tun. Aber nicht Feyder!“.

Den Einfluss von David Wark Griffith auf die Auflösung des Handlungsverlaufs wurde ebenfalls gesehen, unter anderem in der Sequenz, in welcher der Junge sich, vom schlechten Gewissen getrieben, in den Fluss stürzt und von der Stiefmutter vor dem sicheren Tod in der Strömung gerettet wird. Diese Szene steht möglicherweise in Zusammenhang mit Griffiths Meisterwerk Way Down East (1920), welches mit Verspätung 1922 in Paris aufgeführt worden war, nur wenige Monate, bevor Feyder mit der Abfassung seines Drehbuches begonnen hatte. Den Kritikern, die das Happy End als Zugeständnis an die Kinokasse deuten, wurde entgegen gehalten, dass selten die Auflösung eines filmischen Konfliktes so meisterhaft vorbereitet und eingesetzt worden sei, unter anderem in der feinfühlig verwendeten und häufig wiederkehrenden Symbolik von Wasser in Feyders Bergler-Drama.

In dieser Meinung trifft er sich mit Daniel Hermsdorf, der ebenfalls auf die Wassersymbolik bei Feyder weist, zusätzlich aber auch noch auf den fetischisierenden Gebrauch, den der Junge von der Photographie und der Brosche seiner verstorbenen Mutter macht, und die Art, wie Feyder ihn ins Bild fasst. Als Beispiel für Feyders filmsprachlich sensitiven Einsatz der Kinotechnik führt Hermsdorf die Doppelbelichtung an, mit welcher er die Sorge der Stiefmutter um den Jungen visualisiert, indem er ihr Gesicht mit Bildern des reißenden Flusses überlagert, und interpretiert sie als letzte symbolische Vorstufe zu dem Bild, in dem sie ihn nach geglückter Rettung in die Arme nimmt und so das neu gewonnene Vertrauen bekräftigt.

Auszeichnungen

Daten

Frankreich/Schweiz 1925
Laufzeit: 117 Minuten
Freigegeben: ab 0 Jahren

Bild: 4:3 Schwarzweiß (viragiert)
Ton/Sprachen: 5.1 Franz. Originalversion
Untertitel: Deutsch, Englisch, Holländisch,

Bonusmaterial

Original-Filmmusik von Antonio Coppola (2003), Dokumentarfilm über Musikaufnahmen (16 Min.), Filmpräsentation durch Serge Bromberg (5 Min.) mit zahlreichenunveröffentlichten Dokumenten

System

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